Wer eine Stunde vor der gestrigen Podiumsdiskussion die mit 22 mal 17 Reihen bestuhlte Aula der Alt-Schmargendorf-Grundschule gesehen hat, den befiel die bange Frage "was machen wir, wenn nur 40 Leute kommen". Um so mehr freuten sich die engagierten Helfer und Organisatoren der Bürgerinitiative als dann "die Hütte voll war"und schnell noch weitere Sitzgelegenheiten organisiert werden mussten. In letzter Minute haben wir noch das OK für die Unterschriftenlisten zum Bürgerbegehren bekommen, sie lagen im liebevoll gestalteten Eingangsbereich der Aula aus und wurden reichlich genutzt.
"Wie es weitergehen kann und soll" war Thema der Podiumsdiskussion "Schmargendorf braucht Oeynhausen". Neben dem hochkarätig besetzten Podium waren auch Herr Landgraf, der Präsident des Landesverbandes Berlin der Kleingärtner, Herr Biastock, der Vorsitzende des Bezirksverbandes, Pressevertreter, Mitglieder der Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung und auch Vertreter der Groth-Gruppe im Publikum.
In der Diskussion wurde Stadtrat Schulte (SPD) von mehreren Beteiligten mit der Aktenlage im Bezirksamt und den Feststellungen seiner eigenen Verwaltung zum Entschädigungsrisiko konfrontiert. Wir wissen nun, dass es seit Mai 2012 einen fertigen B-Plan zur Festsetzung als Dauergrün gibt, bei dem lediglich eine 900.000 EUR Bürgschaft zur Deckung eines möglichen Übernahmeanspruchs fehlt (die er ja bereits mehrmals zugesichert bekommen hat).
Klar wurde auch, dass mit Ausnahme der SPD alle Fraktionen des Bezirksparlaments bereit sind, den Bürger hier mitentscheiden zu lassen und vom Stadtrat forderten, das Mehrheitsvotum der Bezirksverordnetenversammlung zur Beachtung des Bürgerbegehrens zu achten. Zitat von Lisa Paus: "Es ist Zeit, dass die Bürger von Charlottenburg-Wilmersdorf eine Entscheidung treffen. Also machen Sie zu, dass Sie die gut 7000 Unterschriften zusammen bekommen".
Stadtrat Schulte bedauerte immer wieder, dass der Kompromiss nun aufgehoben sei und die Sache nun durch Gerichte entschieden werden müsse. Er äußerte - wie auch schon in der Abendschau und eigentlich in jeder Presseverlautbarung - die Chancen stünden schlecht. Frau Klose (CDU) sprach aus was alle dachten: "Herr Schulte, was soll ein Gericht denken, wenn Sie ankommen und sagen, ich verliere sowieso?“.
Frau Schmitt-Schmelz (SPD) ließ sich immerhin zu der Aussage hinreißen, dass es unterschiedliche Rechtsauffassungen gebe, die jedem zugestanden werden müssen. Das bezweifelten auch weder die Vertreter auf dem Podium noch im Publikum. Unklar nur, warum sich der Stadtrat hier völlig undemokratisch verhält, indem er das Votum des bezirklichen Entscheidungsorgans weder akzeptiert noch umsetzt und die Deutungshoheit über rechtliche Sachverhalte für sich allein beansprucht. Die übrigen Fraktionen und auch der ehemalige Stadtrat Gröhler, immerhin Jurist, zählen nicht.
Die Aufforderungen aus dem Publikum an die SPD-Vertreter, doch endlich mal ein politisches Statement in der Oeynhausen-Frage abzugeben, nicht nur zu verwalten und Sachbearbeitung zu betreiben sondern endlich Politik zu machen, blieben scheinbar ungehört. Herr Schulte blieb bei seiner pessimistischen Grundhaltung und den längst bekannten Bedenken und ging so weit zu äußern, dass selbst ein erfolgreicher Bürgerentscheid nicht umgesetzt werden könne. Warum er die Sache längst verloren gibt, obwohl Bürgerwille und BVV ein anderes Auftreten von ihm erwarten bleibt unklar. So haben denn auch alle anwesenden Parteien bekundet, dass sie Unterschriften für unser Bürgerbegehren sammeln wollen - mit Ausnahme der SPD.
Sind nun die Gesetze in Berlin investorenfreundlich oder die Kommunalpolitik? Frau Rouhani (Grüne) berichtete von der Aussage eines führenden deutschen Baurechtlers zu Oeynhausen: "Es ist landauf landab das gleiche Spiel - Investoren blähen die Entschädigungsansprüche hoch und Kommunalpolitik und Verwaltung knicken darunter ein".
Einige Zuhörer fragten sich nach der Veranstaltung, welchen Einfluss die langjährigen und guten Beziehungen von von Klaus Groth zu den Spitzen der Berliner Politik in unserer Angelegenheit haben.
Warum richtet die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine Schlichtungsstelle für umstrittene Bauprojekte ein, die "freundlich, verbindlich und vertraulich" den durch Bürgerprotest leidgeplagten Investoren zur Verfügung stehen soll und "für die Einhaltung von Zusagen sorgt".
Die seit 1986 (1. Aufstellungsbeschluss für einen B-Plan zur Festsetzung als Dauergrün) bestehenden und immer wieder beteuerten Zusagen der Politik an uns sind sicher nicht gemeint. Ob in unserem Fall auch jemand eine Zusage an Groth und/oder Lorac gegeben hat?
Warum konnte Senator Müller bereits am 27.12.2012 in der Abendschau von dem 50/50 Kompromiss berichten, der doch erst am 17.01.2013 in der BVV mit knapper Mehrheit beschlossen wurde?
Woher weiss Staatssekretär Ephraim Gothe, dass es nach der Wahl in Charlottenburg-Wilmersdorf wieder ruhiger werden wird? Dürfen wir davon ausgehen, dass seine 3-Musketier-Leitstelle die Sache priorisieren und den Bürgerprotest auch hier im Sinne der Investoren eindämmen wird?
Die Stimmung im Saal unter den etwa 400 Anwohnern, Kleingärtnern und Interessierten war beeindruckend. Optimismus war zu spüren, da konnten auch Marc Schulte und Heike Schmitt-Schmelz weder Angst noch Depressionen aufkommen lassen. Nach diesem Abend wünschen wir uns, dass noch mehr Bezirksverordnete sich die Aktenlage im Bezirksamt zu unserem Fall ansehen. Dass der Vorschlag von Frau Paus aufgegriffen wird, eine Sondersitzung des Stadtentwicklungsausschusses anzusetzen um die wesentlichen Akten zu sichten und gemeinsam mit uns eine Lösung zu suchen. Und dass auch die SPD offen ist für den Austausch mit uns und endlich inhaltlich und ganz konkret mit uns und über die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens spricht. Damit unsere schriftlichen Vorschläge nicht weiterhin unbeantwortet bleiben und absichtlich oder unabsichtlich missverstanden und falsch dargestellt werden - wie gestern wieder der Vorschlag zum Umgang mit dem Erschließungsangebot.
Erklärtes Ziel aller Fraktionen ist der vollständige Erhalt von Oeynhausen (Resolution vom 20.09.2012 und in Bezug auf Rot/Grün zusätzlich die Zählgemeinschaftsvereinbarung, Seite 6, letzter Satz zu Grünflächen). Herr Schulte, handeln Sie endlich danach und zwar mit uns und nicht gegen uns und nehmen auch das gestern gegebene Angebot aller Fraktionen der BVV an, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten und dafür einzustehen.
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xrlehmann (Donnerstag, 12 September 2013 14:54)
Was noch herausgestellt werden sollte, ist meiner Meinung nach, dass Herr Gröhler sagte, dass das Land und der Bezirk in der Pflicht stünden, selbst eine Entschädigungssumme von 25 Mio. Euro zu übernehmen, da dies Ausdruck des politischen Willens sei und die Einlösung der Versprechen der letzten Jahrzehnte.
Darüber hinaus plauderte Frau Rouhani aus dem Nähkästchen und verriet, dass ihr und weiteren Grünen des Bezirks von Herrn Groth persönlich erzählt wurde, dass er sich selbstverständlich im Vorfeld seiner Aktivitäten politisch abgesichert habe - nämlich bei den Herren Nußbaum und Müller. Hört, hört!