In der gestrigen BVV waren Stadtrat Schulte, der Bezirksbürgermeister und die SPD-Fraktion gezwungen, tief in die Trickkiste der Formalien zu greifen um den Beschluss über die Veränderungssperre zu verhindern.
Da liegt ein vom Stadtrat selbst beauftragtes aktuelles Gutachten von Prof. Finkelnburg vor, in welchem wortwörtlich steht:
"Der Bezirk kann nach § 14 BauGB zur Sicherung des künftigen Bebauungsplans IX-205a eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass bauliche Vorhaben im Planbereich des Bebauungsplans IX-205a nicht ausgeführt werden dürfen."
Es steht dort auch:
"Eine Entschädigung ist nach § 18 BauGB zu zahlen, wenn die Veränderungssperre länger als 4 Jahre dauert. Die Zeit einer Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB ist auf die Frist anzurechnen. Würde vor Ablauf dieser Frist das Bebauungsplanverfahren eingestellt, ist zwar die Veränderungssperre aufzuheben. Ein Entschädigungsanspruch nach § 18 BauGB würde aber nicht ausgelöst."
Trotzdem behaupten Stadtrat und Bezirksbürgermeister, die Veränderungssperre könnte haushalterische Auswirkungen haben, weswegen der Antrag vor der Abstimmung in der BVV in den Haushaltsausschuss müsse. Der Clou an der Geschichte: wäre die von der SPD beantragte Überweisung in den Haushaltsausschuss abgelehnt worden, wäre der Antrag im schwarzen Loch der Anträge mit abgelehnter Überweisung für immer verschwunden - und es könnte überhaupt nicht mehr darüber abgestimmt werden. Da das niemand riskieren wollte, haben sich CDU, Grüne, Piraten, und Linke enthalten und die SPD stimmte für die Überweisung in den Haushaltsausschuss.
Praktischerweise tagt der bereits nächste Woche Dienstag und der Antrag wird dort behandelt. Die Grünen beantragten für den kommenden Dienstag nach dem Haushaltsausschuss eine Sonder-BVV, auf der dieser Antrag dann erneut abgestimmt wird.
Im Endeffekt hat Herr Schulte also 5 Tage Zeit gewonnen, um sich neue Spielerchen auszudenken und wir harren der Dinge, die ihm bis Dienstag gemeinsam mit dem Bezirksbürgermeister noch einfallen.
Was in diesem formalen Wirrwarr beinahe untergegangen wäre: der Ursprungsantrag von Frau Klose, Herrn Herz, Frau Rouhani, Herrn Schlosser und Frau Cieschinger ist ersetzt worden. Erweitert wäre treffender, denn er geht über die Veränderungssperre hinaus. Der Antrag ist hier als Download verfügbar:
Die Sonder-BVV findet am Dienstag, den 08.07.2014 um 19:30 Uhr im BVV-Saal in der Otto-Suhr-Allee statt. Der Haushaltsausschuss findet am selben Tag um 17:30 Uhr im Berliner Sport-Club e.V., Hubertusallee 50 statt. Wir berichten, falls sich da etwas ändern sollte.
- rbb-online, der Bericht von Tina Friedrich war bereits gestern Abend nach der BVV online: "Grüne ändern Kurs - Entscheidung zu Oeynhausen auf Dienstag verschoben"
- Marlene Cieschinger, Die Linke, hat in ihrem Blog einen Bericht über die heutige Sitzung des nichtständigen Ausschusses verfasst und bloggt auch regelmäßig aus der BVV.
Auf der Webseite des Bezirksamtes gibt es jeden Monat ein "Thema des Monats" zu dem sich alle in der BVV vertretenen Parteien äußern. Sie wählen das Thema reihum selbst. Diesen Monat ist es "Lehren aus dem Bürgerentscheid Oeynhausen".
Frau Schmitt-Schmelz (SPD) bemüht sich, die 77% auf 35% herunterzurechnen, was Holger Jost einen entsprechenden Kommentar im Diskussionsforum des Bezirks wert war:
Guten Tag, Frau Schmitt-Schmelz,
ehrlich! Ich habe versucht, Ihren Beitrag zum Thema des Monats „Lehren aus dem Bürgerentscheid Oeynhausen“ möglichst vorurteilsfrei zu lesen. Es ist mir nicht gelungen – weil Sie schreiben, wie Sie reden.
Und das zeigen Sie schon im ersten Satz, den ich hier zitiere: „Rund 77 % der Abstimmenden haben gezeigt, dass sie die Kleingartenkolonie Oeynhausen erhalten wollen, das sind etwa 35 % der Bürgerinnen und Bürger des Bezirks.“
Schon mit Ihren Behauptungen in diesem ersten Satz liegen Sie völlig daneben. Nein, Frau Schmitt-Schmelz: Diese 77,04 Prozent beziehen sich nicht auf die Abstimmenden, wie Sie glauben, sondern auf die abgegebenen gültigen Stimmen. Und es sind nicht etwa 35 % der Bürgerinnen und Bürger von Charlottenburg-Wilmersdorf, sondern 34,66 Prozent der 245.112 Stimmberechtigten. Umgerechnet auf die Bevölkerung, also die Einwohnerzahl, wären es irgendwo zwischen 25,51 und 29,22 Prozent – je nachdem ob man die Bezirksangaben oder die Werte des letzten Zensus benutzt. Aber was sind schon bis zu 10 Prozent - oder bis zu 25 Millionen..?
Sie sehen, manchmal lohnt es schon, sich vorher schlau zu machen, bevor man über Dinge mit diskutiert. Das gilt sicher auch für Begriffe wie Veränderungssperre.
Ihr unpräziser Versuch gibt mir aber den Anlass, Ihnen vor Augen zu führen, wie viele Zweitstimmen denn Ihre SPD bei der letzten Kommunalwahl 2011 in Charlottenburg-Wilmersdorf erzielen konnte: Es waren 31,2 Prozent der 138.849 gültigen Stimmen. Und weil Sie das ja gerne auf die Einwohnerzahl bezogen haben wollen – es wären etwa 13,52 Prozent.
Falls ich mich nicht auch verrechnet habe….
Holger Jost
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Kandra Holliman (Dienstag, 07 Februar 2017 03:42)
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