Stadtgrün sichern und vernetzen

Warum der Landesverband Berlin der Gartenfreunde e.V. zum Entwurf der Charta für das Berliner Stadtgrün vom 14. Mai 2019 Stellung nimmt   

Die Charta Stadtgrün soll zu einer Selbstverpflichtung des Landes Berlin für den Umgang mit dem Stadtgrün werden. Nach der Bürgerbeteiligung soll die Charta final vom Senat, dem Rat der Bürgermeister und dem Abgeordnetenhaus beschlossen werden.

 

Die Stadtgesellschaft soll diese Selbstverpflichtung mittragen. Daher ist sie für den einzelnen Kleingärtner von doppelter Bedeutung: Als Bürger der Hauptstadt und als Gärtner im Berliner Stadtgrün, denn ja, die Berliner Kleingärten sind ein wesentlicher Bestandteil des Stadtgrün. Unser Einbringen in die Charta Stadtgrün ist daher unerlässlich.

 

Sind Kleingärten im Entwurf der Charta enthalten?

Die Bürgerbeteiligung startete im Oktober letzten Jahres. Nach der mäßigen Beteiligung der ersten Online-Umfrage hat der Senat am 14. Mai 2019 einen ersten Entwurf für eine Charta Stadtgrün vorgestellt. Auf Seite 7, im Kapitel „Stadtgrün sichern und ausweiten“, kommen wir im Abschnitt „Kleingärten und Gemeinschaftsgärten“ vor. In dem 24-seitigen Entwurf wird den Gärtnern gemeinsam eine Dreiviertelseite gewidmet.

 

Als Basis für Berlins Versorgung mit Kleingärten spricht der Senat wieder über die zu erhaltende Parzellenanzahl. Hört sich erst einmal gut an? Nein, tut es nicht, denn es gilt die Fläche der Berliner Kleingärten zu sichern. Dies hat der Landesverband Berlin der Gartenfreunde e. V. vom Senat schon mehrfach gefordert und zwar bei der Entwicklung des Entwurfs zum Kleingartenentwicklungsplan (KEP).


Im Charta-Entwurf heißt es:
Berlinweit wird angestrebt, den Versorgungsgrad der Bevölkerung mit Kleingartenparzellen zu erhalten. Da zum einen ein kleiner Teil der Berliner Kleingartenparzellen bebaut werden wird, zum anderen die Berliner Bevölkerung wächst, ist die Schaffung von Ersatzparzellen erforderlich. Potenziale zur Abdeckung der Zusatzbedarfe sind vor allem im Bereich der Bestandsoptimierung zu suchen, denn die Erschließung und Sicherung neuer Kleingartenflächen ist aufgrund der vielfältigen Flächenkonkurrenzen im Rahmen der wachsenden Stadt nur im Einzelfall und in geringem Umfang denkbar. Möglichkeiten der Bestandsoptimierung liegen in einer Vergrößerung der Parzellenzahl durch Teilung übergroßer Parzellen, Umnutzung oder Neustrukturierung überdimensionierter Gemeinschafts- und Erschließungsanlagen und der Erweiterung des Nutzerkreises durch innovative Nutzungskonzepte (z. B. Gemeinschaftsparzellen zur Nutzung durch mehrere Parteien).“

 

Ersatz nur über Bestandsoptimierung

Hieraus geht auch eindeutig hervor, dass entgegen der Aussage zu Ersatzflächen im KEP, hier deutlich zum Ausdruck gebracht wird, dass eine Erschließung und Sicherung neuer Flächen als Ersatzflächen von geräumten Kleingartenanlagen kaum vorstellbar sei. Bestandsoptimierung heißt z. B.  große Parzellen zu teilen bzw. aus drei zusammenliegenden Parzellen vier zu machen. Man fragt sich:

 

  • Soll das auf lange Sicht heißen, Teilung bis nicht mehr zu Teilen ist?
  • Bis keine sinnvolle kleingärtnerische Nutzung mehr erfolgen kann?
  • Bis die gesamte Biodiversitätsfunktion der Kleingärten nicht mehr funktioniert?
  • Bis die Erholungsfunktion nicht mehr ausreichend gewährleistet ist?
  • Wie stellt sich dann die soziale Interaktion dar, wenn die Größe der Parzellen analog der Wohnungen ist?

 

Im Weiteren heißt es im Charta-Entwurf Die Klein- und Gemeinschaftsgärten werden mit den Stadtquartieren verknüpft. Kleingartenanlagen sollen sich verstärkt für die Bewohnerschaft der Umgebung öffnen, durchwegbar sein und vermehrt Freiraumangebote bieten.“

 

Dies erfolgt bereits und wird auch weiter ausgebaut.

 

Im Charta-Entwurf weiter Es bedarf einer zusammen mit den Kleingartenverbänden entwickelten Strategie, wie Parzellen auch gemeinschaftlich genutzt, große Parzellen geteilt und effizienter genutzt werden, um mehr Angebote zum Gärtnern auf bestehenden Flächen zu schaffen.

 

Wo es geht und wo es umzusetzen ist, machen wir mit. Allerdings müssen hier die finanziellen Mittel vom Land Berlin bereitgestellt werden, damit „Angebote“ geschaffen werden können.

 

Das Kleingartenwesen ist mehr als Gärtnern

Im Charta-Entwurf heißt es weiter Das gemeinschaftliche Gärtnern soll gefördert werden und konzeptionell in die gesamtstädtische Freiraumentwicklung integriert werden.“

 

Das Kleingartenwesen ist die Urform des gemeinschaftlichen Gärtnerns. Das trifft besonders für Städte zu. Wir halten das Kleingartenwesen und das „Urban Gardening“ nicht für etwas Gegensätzliches. Das Kleingartenwesen leistet einfach mehr als nur die Möglichkeit, ein paar Saisons lang Gemüse anbauen zu können.

 

Naturschutzverbände sind auf unserer Seite

Das wir mit unseren Forderungen nicht alleine stehen, sieht man an der Stellungnahme, die die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e. V. (BLN) zu diesem ersten Charta-Entwurf für das Berliner Stadtgrün veröffentlicht hat.  Im BLN vertreten sind u.a. die Landesorganisationen von BUND, NABU, Baumschutzgemeinschaft, Grüne Liga, Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin und NaturFreunde.

 

In der BLN-Stellungnahme heißt es zum Abschnitt „Kleingärten und Gemeinschaftsgärten“ des Charta-Entwurfs

„Wir sind ebenfalls der Meinung, dass es nötig ist, die wachsende Stadtbevölkerung auch zukünftig mit Kleingärten zu versorgen. Allerdings fordern wir hier die Berücksichtigung der Fläche statt der Parzellenanzahl als Zielgröße für den Versorgungsgrad. Weiterhin sprechen wir uns für eine Orientierung an dem Richtwert des Deutschen Städtetages für eine Flächenversorgung von 12 m2/Einwohner aus. Zudem sollte es zur Schaffung von Ersatzflächen für KGA, die für eine Bebauung in Anspruch genommen werden, nicht zu einem Verlust von anderen Grünflächen kommen. Als Ersatzflächen bzw. zur Versorgung der wachsenden Bevölkerung sollten durch Entsiegelung nutzbar gemachte Flächen in Klein- bzw. Gemeinschaftsgärten umgewandelt werden. Denkbar wäre es auch, Flächen für KGA in die Planung neuer Stadtquartiere zu integrieren.“

 

Aus diesen und aus vielen anderen bereits thematisierten Gründen, ist es wichtig, uns in die Diskussion einzubringen. Für den Landesverband bedeutet das, Widersprüche zum Kleingartenentwicklungsplan kritisch zu hinterfragen und Forderungen, wenn nötig, deutlich zu wiederholen. Sich einbringen heißt aber auch, dass jeder Gartenverein und alle Kleingärtner aktiv ihre Kleingartenanlagen so gestalten, dass in Zukunft mehr Mitmenschen in Naturerlebnis- und Nutzungsmöglichkeiten eingebunden werden können.

 

Michael Matthei

Präsident